Haupinhalt

2. Sept. 1806
Alljährlich am 2. September, nachmittags um fünf Uhr, läutet die grosse Glocke der Pfarrkirche von Goldau. Damit wird an die schreckliche Naturkatastrophe von 1806 erinnert. Binnen weniger Minuten verschüttete eine gigantische Schuttmasse das Tal zwischen Rigi und Rossberg. Wie kam es dazu?

Vor 25 Mio. Jahren entstand aus grobem Bachgeröll die Nagelfluh. Sand verfestigte sich zu Sandstein und Mergel. Aus diesen Elementen ist der Rossberg in Schichten aufgebaut. Durch Eindringen von Wasser kann sich der Mergel aufweichen; die steinige Nagelfluh schlipft ab. Solche Abstürze sind beim Rossberg nicht erst vor 200 Jahren passiert. Noch grösser als derjenige von 1806 war wahrscheinlich der „Bergsturz von Oberarth“ vor ca. 12'000 Jahren. Erwähnt wird in den Geschichtsbüchern auch ein Bergsturz im 13. Jahrhundert zwischen Goldau und Steinerberg (Gebiet Röthen, genaue Quellen fehlen). Auch der Name Goldau zeugt nicht von einer goldenen Wiese, wie manchmal irrtümlich angenommen wird. Vielmehr stammt er vom keltischen Wort „golet“ was soviel wie „Schutt“ bedeutet.

Aus heutiger Sicht kam der Goldauer Bergsturz nicht plötzlich. Bergbauern hatten die Risse bei der heutigen Abbruchstelle bereits lange vor dem Bergsturz entdeckt. Damals lebte man aber in Gottergebenheit; an Flucht dachte niemand.

In den Wochen vor dem schicksalhaften Tag regnete es fast ununterbrochen. Um 17.00 Uhr lösten sich die Gesteinsmassen und donnerten ins Tal. Innerhalb weniger Minuten wurden die Siedlungen Goldau, Röthen und Teile von Buosingen unter einer 10 - 50 Meter hohen Schuttschicht begraben. Zudem donnerten die Massen ins Westufer des Lauerzersees. Die dadurch ausgelösten Flutwellen forderten in Lauerz und Seewen mehrere Opfer. Die Bilanz der Katastrophe war verheerend:

Die Bilanz nach dem Unglück ist erschreckend:
457 tödlich Verunglückte
323 Stück getötetes Vieh
111 verschüttete Wohnhäuser
220 zerstörte Scheunen und Ställe
4 verschüttete Kirchen und Kapellen

Erwähnt sei an dieser Stelle auch die so genannte Berner Reisegruppe. Die elf Personen aus Bern und Aargau waren von Zug her unterwegs auf die Rigi. Ausgerechnet zum Zeitpunkt der herabstürzenden Massen erreichten sie Goldau; nur vier konnten sich retten. Irrtümlich wird heute oft angenommen, die „Berner Höhe“ sei die Stelle, wo die Reisenden verunglückten. Dem ist aber nicht so. Der Ort erhielt seinen Namen von den Bernern, welche an dieser Stelle halfen, den Verbindungsweg zwischen Arth und Lauerz wiederherzustellen. Die Nachricht der grossen Katastrophe verbreitete sich nämlich wie ein Lauffeuer in der ganzen Eidgenossenschaft. Bereits einen Tag nach dem Unglück entsandten die Nachbarkantone Zug und Luzern Hilfskräfte. Wenig später trafen auch Delegierte aus Zürich und Bern ein. Diese spontanen Hilfsbezeugungen, zusammen mit einer erstmals landesweit koordinierten Spendensammlung, kann heute als Geburtsstunde der schweizerischen Solidarität bezeichnet werden.

Nachdem die ersten Durchgangsstrassen wieder erstellt waren, entstand bei den Bewohnern am Rande des Schuttgebiets der Wunsch nach einer Kapelle. Man entschied sich sinnvollerweise, zunächst, ein Mehrzweckgebäude zu bauen. Das Pfrundhaus wurde 1808 - 1811 errichtet. Dann folgte das Gasthaus Rössli, welches heute noch unter dem gleichen Namen geführt wird. Die wirkliche Wiederauferstehung hat Goldau aber der Gotthardbahn zu verdanken, welche viele Arbeiter und Touristen anlockte.

Bei den Bauarbeiten des wachsenden Dorfes entdeckte man immer wieder Fundstücke. Diese wurden von Edwin Simon sel. gesammelt und schliesslich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Bergsturzmuseum konnte 1966 neben dem Eingang des Tierparks eröffnet werden.

„Gibt es wieder einen Bergsturz?“ lautet nun die Frage, mit welcher die Goldauer immer wieder konfrontiert werden. Ja, muss die Antwort lauten. Der geologische Aufbau des Rossbergs wird immer wieder zu Bergstürzen führen. Das Unwetter im August 2005 hat uns dies vor Augen geführt, als am Rossberg an mehreren Stellen Murgänge niedergingen. Im Gegensatz zu früher verfügt die Gemeinde Arth heute jedoch über einen ausgezeichneten Gemeindeführungsstab, welcher in Katastrophenfällen in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr Evakuationen einleitet. So musste im August 2005 kein einziges Menschenleben beklagt werden. Zusammen mit dem Kanton stellt die Gemeinde Arth die ständige Überwachung des Rossbergs sicher.
Anlässlich des 200. Jahrestages wurde im Jahre 2006 die Bergsturzspur erstellt, eine ca. vierstündige Wanderung durch das Bergsturzgebiet.
Bergsturzbild