Haupinhalt
Abschied vom Arther Trämli
1875 als Teilstrecke der Bahn von Arth am See nach Rigi-Kulm in Betrieb genommen, wurde die Adhäsions-Strecke zwischen den Ortschaften Arth und Goldau vor 50 Jahren stillgelegt und durch einen Autobusbetrieb ersetzt. Die interessante und wechselvolle Geschichte des «Arther Trämli».
Dem aufmerksamen Beobachter fallen in unserer Talschaft einige Kuriositäten auf: Der direkteste Fussweg zwischen Arth und Goldau heisst «Tramweg», in Arth gibt es eine «Bahnhofstrasse», nämlich das kurze Strassenstück von der Kantonsstrasse gegenüber dem Restaurant Gartenlaube bis zur Post. Der überhohe Mühliflüelitunnel in Oberarth hat bestimmt nicht nur für die Fussgänger diese Dimensionen erhalten und an der Stelle, wo sich in Arth das Einkaufsgeschäft SPAR befindet, gab es bis vor wenigen Jahren das «Restaurant Bahnhof». Dies sind alles Erinnerungen an die Zeit, als die Dörfer Arth – Oberarth – Goldau mit einer Adhäsionsbahn, dem «Tram», verbunden waren.
Europas Bergbahnzeitalter begann auf der Rigi
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts war die Rigi schlechthin der Modeberg Europas. Zehntausende von Reisenden aus der gehobenen Gesellschaftsschicht ganz Europas besuchen jährlich den Berg mit der atemberaubenden Aussicht. In den Hotelpalästen auf der Rigi - mit total über 1000 Fremdenbetten - wurde jeglicher Komfort angeboten. Die Zeit, wo sich in den Dörfern am Fusse des Berges als Gepäckträger, Fremdenführer, oder sogar als Sesselträger Geld verdienen liess, brach auf einen Schlag ab, als 1871 die Zahnradbahn von Vitznau, als erste Bergbahn Europas, ihren Betrieb aufnahm. Bereits vier Jahre später, am 4. Juni 1875 wurde die Arth-Rigi-Bahn eröffnet. Der Grossteil der Reisenden kam per Dampfschiff in Arth an und bestieg die Bahn, welche auf ihren ersten 1,4 Kilometer als normale Adhäsionsstrecke betrieben wurde. In Oberarth begann die Bergstrecke mit Zahnradbetrieb. Zu diesem Zweck wurde eine Berglokomotive hinter die Wagen gestellt und die Fahrt ging via Goldau nach Rigi-Kulm weiter.
Gotthardbahn-Haltestelle: Goldau statt Arth
Die Betriebszentrale und die Depot-Werkstätte der ARB war wohlweislich in Oberarth stationiert: Es war damals geplant, dass die im Werden begriffene Gotthardbahn – sie wurde 1882 eröffnet - einen Regionalbahnhof bei Oberarth erstellen werde. Eine Finanzkrise bei der Gotthardbahn-Gesellschaft erforderte jedoch einschneidende Sparmassnahmen bei ihrem riesigen Projekt. Vom vorgesehenen und schon im Bau befindlichen Goldauer Tunnel wurde abgesehen und statt dessen wurde die Linienführung nun über das damals noch sehr unwirtliche Bergsturzgelände bei Goldau geführt, das damals nur aus einer Handvoll Häuser bestand. Damit war der Traum von Arth vom Anschluss an die internationale Transitstrecke begraben. Die Haltestelle wurde in Goldau errichtet, erhielt aber den Doppelnamen Arth-Goldau.
Strecke Arth – Goldau wird Adhäsionsbetrieb
Die Arth-Rigi-Bahn musste, um den Anschluss nicht zu verpassen, ihre Betriebszentrale nach Goldau verlegen, denn der Hauptharst der Passagiere reiste nun mit der Bahn an und wollte dort die Bergbahn besteigen. Nach zähen Verhandlungen durften sie die Gotthardbahn-Station Arth-Goldau mitbenutzen. Gleichzeitig entschloss sich die ARB die Linie von Arth nach Goldau auf reinen Adhäsionsbetrieb umzustellen. Zu diesem Zweck musste jedoch die Steigung, die im Abschnitt Oberarth-Goldau teilweise 7 – 8 % betrug, abgesenkt werden. So wurden im Mühlefluhtunnel die Geleise rund 1,50 Meter tiefer gelegt, das erklärt die aussergewöhnliche Höhe dieses Tunnels. Der ganze Umbau kostete die ARB rund 65'000 Franken. Ab 1882 wurde auf der Talbahnstrecke der Ganzjahresbetrieb eingeführt. Da aber nur ein einziger geschlossener Wagen – natürlich ohne Heizung – eingesetzt wurde, war die Fahrt im Winter gewiss nicht sonderlich angenehm.
Definitive Trennung von Berg- und Talbahn
15 Jahre später, im Jahre 1897, wurde Goldau zum Eisenbahnknotenpunkt, wie wir ihn heute kennen. Neben der Linie der Gotthardstrecke und der seit 1891 bestehenden Südostbahn, wurde nun auch die Linie von Zürich und gleichzeitig der neue keilförmige Bahnhof in Betrieb genommen. Wiederum musste die ARB ihre Anlagen umgestalten, sie löste das mit dem heute noch bestehenden «Hochperron», ausgeführt in damals topmoderner Eisenarchitektur, welcher quer zu den Gotthardbahngeleisen gebaut wurde. Die Talbahn hatte nun ihren Ausgangspunkt auf dem neugestalteten Bahnhofplatz und bekam endgültig den Charakter einer Lokalbahn. Die beiden ARB-Strecken wurden in der Folge betrieblich getrennt geführt.
Talbahn: Finanzieller Klotz am Bein der ARB
Als Entschädigung für den Verzicht der Haltestellen Arth-Schattenberg (1882) und Arth-Sonnenberg (1897) hatte die Gotthardbahn im Jahre 1904 der Gemeinde Arth eine Entschädigung von 70'000 Franken zu vergüten, mit der Auflage, den Betrag zur Verbesserung und zum Ausbau der Talbahnstrecke zu benützen. Neben einem breiteren Angebot von Kurszügen und einer technischen Sanierung wurde die Talbahn per 1. Januar 1906 auf den elektrischen Betrieb umgestellt. Die Zeit der rauchenden Dampflokomotiven war damit vorbei, nicht aber der anhaltende unrentable Betrieb dieser Strecke, den die ARB für ihre schlechte Gesamtfinanzlage verantwortlich machte. Die Gemeinde Arth setzte sich jedoch stets mit Subventionen und Steuererlässen für die Aufrechterhaltung der Lokalbahn als Personen- und Gütertransportmittel ein, den Anschluss von Arth und Oberarth an die «grosse weite Welt».
Wehmütiger Abschied vor über 50 Jahren
Nachdem sich die Arth-Rigi-Bahn bereits ab 1940 Gedanken zu Einstellung der Talbahn gemacht hatte, spitzte sich die Situation 1956 dramatisch zu: Ein Bericht des Eidgenössischen Amtes für Verkehr kam zum Schluss, dass die gesamte Anlage und auch das Rollmaterial ersetzt werden müsse. Nach zähen Verhandlungen, bei der die Gemeinde Arth nichts unversucht liess, um den Betrieb auf dieser Strecke aufrechtzuerhalten, reifte allseitig die Erkenntnis, die Talbahn durch einen Autobus-Betrieb zu ersetzen. Am 31. August 1959 verkehrte zum letzten Mal das «Trämli» zwischen Goldau und Arth. Die bescheidene Feier, welche die ARB und die Gemeindebehörden dazu veranstalteten, entwickelte sich zu einem eigentlichen Volksfest. Die zahlreich aufmarschierte Bevölkerung erwies ihrer Bahn die letzte Ehre und nahm mit einem lachenden und einem weinenden Auge Abschied vom «Arther Tram». Ein einschneidendes Stück lokaler Verkehrsgeschichte gehört nun seit 50 Jahren der Vergangenheit an.
Text von Erich Ketterer
Bild: Bahnhofplatz Arth im Dampf-Zeitalter
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